In der Materialwirtschaft ist es aufgrund der Vielzahl der zu bewirtschaftenden Materialien notwendig, Schwerpunkte zu setzen und viele Aktivitäten auf die Materialgruppen zu konzentrieren, die wegen ihrer großen Bedeutung für das Unternehmen nach einer möglichst sorgfältigen Bearbeitung verlangen. 
Die Ziele einer ABC-Analyse sind:

  • Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden
  • Konzentrierung von Aktivitäten auf Bereiche hoher wirtschaftlicher Bedeutung
  • Verwirklichung einer optimalen Lagerhaltungs- und Beschaffungspolitik
  • Steigerung der Effizienz von Management-Maßnahmen

Als Grundlage der ABC-Analyse dient die Tatsache, dass von der Vielzahl der Artikel eines Unternehmens eine geringe Anzahl einen großen Anteil am Jahresbedarf bzw. Jahresumsatz ausmachen, während eine übermäßig große Zahl von Materialpositionen die Wirtschaftlichkeit der Materialwirtschaft über Gebühr belasten. Daher ist es notwendig, die Materialpositionen im einzelnen zu kennen, und vor allem ist es wichtig, die Dynamik frühzeitig wahrzunehmen, um entsprechend reagieren zu können.

Die ABC-Analyse wird mit Hilfe des Programms ABC-Analyse durchführen (LB31300) durchgeführt und erfolgt grundsätzlich in zwei Schritten: der Bewertung und der Klassifizierung.

Grundlegende Angaben

In dem Aufrufprogramm kann festgelegt werden, ob Bewertungsdaten neu ermittelt werden bzw. ob eine (erneute) Klassifizierung aufgrund vorhandener Daten erfolgen soll. Die Bewertungsdaten werden pro Bewertungslauf unter einer eigenen ABC-Aufrufnummer, die dem allgemeinen Aufbau von Belegnummern im Modul Lager folgt, in der ABC-Positionsdatei abgelegt. Die ABC-Aufrufnummer wird erst in dem Stapel-Verarbeitungsprogramm vergeben; das dazu benötigte ABC-Aufrufnummernkennzeichen wird aus Parameter 01 der VRLL36 genommen. Mit der Vergabe der ABC-Aufrufnummer wird auch der Kopfsatz dieses ABC-Aufrufes in die ABC-Kopfdatei geschrieben. Mit jedem neuen Bewertungslauf kann eine Bezeichnung und zwei 50-stellige Zusatztextzeilen angegeben werden.

Ebenso kann festgelegt werden, ob eine Klassifizierung durchgeführt werden soll, oder ob die Bewertungsliste als Vorbereitung für eine spätere Einstufung der ausgewählten Artikel erstellt wird. Eine Klassifizierung ist unerlässlich, wenn das Klassenkennzeichen in den Artikelstamm oder in den Lagerortartikelstamm übernommen werden soll.

Mit Hilfe von steuernden Parametern kann der Bediener die gleichen Daten mit unterschiedlichen Preis- und/oder Prozentgrenzen klassifizieren. Dafür kann eine der vorhandenen Aufrufnummern ausgewählt werden. Bevor die Einstufung erfolgen kann, muss jedoch die Bewertung aufgrund eines zu wählenden Mengengerüstes vorgenommen werden.

ABC-Bewertung

Grundsätzlich errechnen sich die Werte, die die Bedeutung eines Artikels im Unternehmen darstellen, aus dem Produkt vom Verbrauch (bzw. den Beständen) und einem Preis einer Materialposition. Anschließend werden die Positionen in absteigender Reihenfolge ihrer Werte sortiert. Zusätzlich werden Größen, wie die Summe der aufgelaufenen Werte, die kumulierte anteilige Menge von der Gesamtheit der betrachteten Materialpositionen in Prozent, sowie die Summe der aufgelaufenen Werte in Prozent bestimmt.
Aufbau einer ABC-Bewertungsliste:

ArtikelLaufende
Nummer
Kum.Anteil
der Positionen [%]
MengePreisEinzel-
wert
Kumulierter
Wert
Kumul. Wert [%]
ABCDEFGH


Dabei werden die einzelnen Spalten wie folgt berechnet:
B = Laufende Positionsnummer (von oben nach unten fortlaufend durchnummeriert)
C = Laufende Positionsnummer x 100 / Gesamtanzahl der Positionen in %
D = Zu betrachtende Menge gemäß Vorgabe (Bestand oder Verbrauchsmenge)
E = Einzelpreis des Artikels (entspricht dem gewählten Bewertungskennzeichen)
F = Einzelwert = Menge x Preis unter Berücksichtigung der Preisdimension
G = Summe aller bisherigen Einzelwerte 
H = Summe aller bisherigen Einzelwerte x 100 / Gesamtsumme aller Einzelwerte in %.

Trägt man die kumulierten Wertanteile in Prozent (Spalte H) über den Anteilen der Artikel in Prozent (Spalte C) auf, so erhält man eine charakteristische Verteilung. Diese ist in der Literatur als Lorenz-Kurve (im angelsächsischen Sprachgebrauch als Pareto-Kurve) bekannt.
Mit der Erstellung dieser Liste ist die Grundlage geschaffen, auf der der Anwender entscheiden kann, wo er die Grenzen für seine A-, B- und C-Artikel setzen will.

Wie gezeigt, beruht die Bewertungsliste auf einem Preis und auf einem Mengengerüst, die je nach Bedarf weitgehend frei gewählt werden können.

Eine Preisangabe ist in jedem Fall erforderlich. Die Bewertung kann mit Hilfe aller hinterlegten Preise bzw. Preiskennzeichen durchgeführt werden. Einige dieser Preise führen zu wenig sinnvollen Ergebnissen, da sie für die Bewertung von Artikeln wenig geeignet sind. Bewährt haben sich für diesen Zweck der Durchschnittspreis, der Verrechnungspreis aber auch Einkaufs- und Verkaufspreis. Gültige Werte sind in der Tabelle FRD405 hinterlegt.

Als Mengengerüst für die ABC-Bewertung können je nach Bedarf Verbrauchswerte oder Bestände herangezogen werden. Diese können je nach Vorgabe bezüglich der Bewertungsebene von der Artikelstamm-, Lagergruppen- oder Lagerortebene stammen.

Stellen Verbrauchswerte die Grundlage der ABC-Analyse, besteht die Möglichkeit, zwischen Verbrauch im Verkauf, in der Fertigung, für Sonstiges oder einer Kombination der Verbrauchswerte in den genannten Bereichen zu wählen. Verbrauchswerte sind an einen Zeitraum gebunden. Daher ist die Angabe eines Zeitraumes in diesem Fall zwingend erforderlich. Gültige Werte sind in der Tabelle FRD478 hinterlegt.

Soll die ABC-Analyse auf Beständen aufgebaut werden, besteht die Möglichkeit, bis zu fünf von vierundzwanzig Bestandsfeldern anzugeben. Die gültigen Werte sind der Tabelle FRD402 zu entnehmen. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass nicht alle Bestandsfelder zu sinnvollen Ergebnissen führen. Es ist dem Anwender überlassen, die für seine Zwecke sinnvollste Kombination zu wählen. In der Praxis werden häufig der physische oder der Dispositionsbestand herangezogen.

Das Mengengerüst der ABC-Analyse kann zusätzlich durch Artikelselektion eingeschränkt werden. Dies bietet dem Anwender die Möglichkeit, innerhalb einzelner Artikelgruppen zu klassifizieren. Es können je nach Bedarf Kaufartikel, Eigenfertigungsartikel, alle Artikel eines bestimmten Disponenten oder alle Artikel berücksichtigt werden. Ferner können Einschränkungen vorgenommen werden, wie es die Lasche ‚Artikelauswahl' standardmäßig gewährt. Eine Übernahme der ABC-Kennzeichen in den Artikelstamm ist bei eingeschränktem Mengengerüst nicht möglich.

Um die Bewertungslisten auf aussagekräftige Datensätze zu beschränken, besteht die Möglichkeit, den Andruck auf solche zu beschränken, deren errechneter Wert ungleich Null ist. Auf die Bewertungsliste wird zur Information das jeweils gültige ABC-Kennzeichen gedruckt, das in Abhängigkeit von der gewählten Bewertungsebene aus dem Artikelstamm-, Lagergruppen- oder dem Lagerortartikelstammsatz geholt wird.

ABC-Klassifizierung

In der Praxis hat sich eine Einteilung in drei Klassen durchgesetzt. Die Fragestellung lautet: Welche Artikel und wie viele entsprechen einem gewissem Prozentsatz des gesamten Wertevolumens?

Gebräuchliche Grenzwerte und die dazugehörigen Mengen sind:


Wertgrenzen

Anteil der betroffenen Artikel

A-Artikel

60-85 %

10-15 %

B-Artikel

10-25 %

15-25 %

C-Artikel

5-15 %

60-75 %


Diese Grenzen der Klassen sind nicht starr, sie können je nach den Gegebenheiten im Unternehmen schwanken und den firmeninternen Gegebenheiten entsprechend gesetzt werden.

Wenn die Klassifizierung auf der Grundlage eines schon erfolgten Bewertungslaufes erfolgen soll, ist die Angabe der betreffenden ABC-Aufrufnummer erforderlich. Wird eine Aufrufnummer ohne Artikeleinschränkung (Komplettanalyse) gewählt, können die Kennzeichen ABC-Klasse in die Stammsätze fortgeschrieben werden (je nach Bewertungsebene in den Artikel-, Lagergruppen- beziehungsweise in den Lagerortartikelstammsatz).

Wurde das Feld "Bewertungsdaten neu ermitteln" angeklickt, ist keine Aufrufnummer vorzugeben, da sie in dem Stapel-Verarbeitungsprogramm selbständig neu ermittelt wird.

Wurde das Feld "Daten fortschreiben" angeklickt, werden die ermittelten ABC-Kennzeichen in die Stammsätze fortgeschrieben. In einem Protokoll über den Klassifizierungslauf werden nur solche Positionen gedruckt, bei denen sich durch den Lauf die ABC-Klassifizierung auf der entsprechenden Bewertungsebene geändert hat.

An dieser Stelle ist es wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass dem Klassifizierungskennzeichen nicht uneingeschränkt vertraut werden darf. Sehr teure Artikel werden oft als A-Artikel geführt, obwohl sie erst unlängst eingeführt wurden und nur selten eingesetzt werden. Es ist darum notwendig, weitere Größen wie Lagerumschlagszahlen zu berücksichtigen bzw. die Bewertungsparameter so zu wählen, dass diese Fehleinschätzungen ausgeschlossen werden können.

Somit wird ersichtlich, dass die verhältnismäßig wenigen A-Artikel ein sehr hohes Rationalisierungspotential, die B-Artikel geringere und C-Artikel kaum Möglichkeiten der Rationalisierung bieten. Diese Erkenntnis führt dazu, dass unternehmerisch wichtige Entscheidungen bezüglich Materialwirtschaft und Logistik getroffen werden können. Davon betroffen sind in der Regel Aktivitäten, die hochwertige A-Artikel und solche die C-Artikel betreffen.

  • A-Artikel
    Sind hochwertige und/oder umsatzstarke Artikel, die intensiv und sorgfältig zu betreuen sind.
  • C-Artikel
    Sind niederwertige und/oder umsatzschwache Artikel (Selbstläufer). Sie sind in hoher Anzahl vorhanden, stellen jedoch geringe Werte dar. 

Moderne EDV erlaubt die Durchführung der ABC-Bewertung durch Heranziehen von unterschiedlichen Parametern und Größen, die je nach Einsatz zu einem spezifischen Bild der ABC-Analyse führen.

Klassifizierungsparameter bilden die Grenzen für die einzelnen Artikelklassen. Die Grenzen können sowohl als absolute Größe (Einzelpreis) als auch als Prozentsatz des betrachteten Gesamtwertes angegeben werden. Wenn beide Klassifizierungsparameter gefüllt werden, wird das Klassifizierungskennzeichen vergeben, sobald eine der Bedingungen erfüllt ist.

Beispiel: Es werden folgende zehn Artikel angenommen:

Artikel
Bezeichnung

Kum.Anteil der
Positionen [%]

Menge

Preis

Einzelwert

Kum. Wert

Kum.Anteil der
Positionen [%]

A
B
C

4711
Stuhl


10

200

2000




4712
Tisch


15

250

3750




4713
Sessel


10

400

4000




4714
Gartenb


5

150

750




4715
Schrank


45

600

27000




4716
Tischfuss


100

20

2000




4717
Stuhlfuss


100

20

2000




4718
Tischpl.


25

70

1750




4719
Armlehne


10

40

400




4720
Gestell


12

80

960





Erfolgt die Begrenzung durch Preisangaben

  • Wertgrenze für A-Artikel ab 220,- EUR
  • Wertgrenze für B-Artikel ab 65,- EUR

wird wie folgt klassifiziert:

Artikel
Bezeichnung

Kum.Anteil der
Positionen [%]

Menge

Preis

Einzelwert

Kum. Wert

Kum.Anteil der
Positionen [%]

A
B
C

4715
Schrank

10

45

600

27000

27000

60,5

A

4713
Sessel

20

10

400

4000

31000

69,4

A

4712
Tisch

30

15

250

3750

34750

77,8

A

4711
Stuhl

40

10

200

2000

36750

82,2

B

4716
Tischfuss

50

100

20

2000

38750

86,7

C

4717
Stuhlfuss

60

100

20

2000

40750

91,2

C

4718
Tischpl.

70

25

70

1750

42500

95,1

B

4720
Gestell

80

12

80

960

43460

97,3

B

4714
Gartenb

90

5

150

750

44210

99,1

B

4719
Armlehne

100

10

40

400

44610

100

C


Erfolgt die Begrenzung durch Prozentangaben des Gesamtvolumens

  • Prozentsatz bis 65% A-Artikel
  • Prozentsatz bis 80% B-Artikel

wird wie folgt klassifiziert:

Artikel
Bezeichnung

Kum.Anteil der
Positionen [%]

Menge

Preis

Einzelwert

Kum. Wert

Kum.Anteil der
Positionen [%]

A
B
C

4715
Schrank

10

45

600

27000

27000

60,5

A

4713
Sessel

20

10

400

4000

31000

69,4

B

4712
Tisch

30

15

250

3750

34750

77,8

B

4711
Stuhl

40

10

200

2000

36750

82,2

C

4716
Tischfuss

50

100

20

2000

38750

86,7

C

4717
Stuhlfuss

60

100

20

2000

40750

91,2

C

4718
Tischpl.

70

25

70

1750

42500

95,1

C

4720
Gestell

80

12

80

960

43460

97,3

C

4714
Gartenb

90

5

150

750

44210

99,1

C

4719
Armlehne

100

10

40

400

44610

100

C


Bei einer kombinierten Angabe von Preis- und Prozentgrenzen wird das entsprechende ABC-Kennzeichen schon dann vergeben, wenn eines der beiden Kriterien erfüllt ist.
Dies wird durch folgende Liste verdeutlicht:

  • Wertgrenze für A-Artikel ab 550,- EURoder 65 %
  • Wertgrenze für B-Artikel ab 100,- EURoder 80 %

Artikel
Bezeichnung

Kum.Anteil der
Positionen [%]

Menge

Preis

Einzelwert

Kum. Wert

Kum.Anteil der
Positionen [%]

A
B
C

4715
Schrank

10

45

600

27000

27000

60,5

A

4713
Sessel

20

10

400

4000

31000

69,4

B

4712
Tisch

30

15

250

3750

34750

77,8

B

4711
Stuhl

40

10

200

2000

36750

82,2

B

4716
Tischfuss

50

100

20

2000

38750

86,7

C

4717
Stuhlfuss

60

100

20

2000

40750

91,2

C

4718
Tischpl.

70

25

70

1750

42500

95,1

C

4720
Gestell

80

12

80

960

43460

97,3

C

4714
Gartenb

90

5

150

750

44210

99,1

B

4719
Armlehne

100

10

40

400

44610

100

C

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