Mit dieser Dispositionsart wird dem Anwender ein weiteres System zur Verfügung gestellt, welches für Los- und Serienfertigung sehr geeignet ist, wenn die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind bzw. geschaffen werden. Ziel ist insbesondere, den Verwaltungsaufwand für Beschaffung und Verbrauch von Kleinteilen zu reduzieren.
Bei der Kanban-Steuerung wird die terminorientierte Steuerung durch eine bedarfsorientierte Steuerung ersetzt. Immer dann, wenn Material benötigt wird (z.B. weil ein definierter Mindestbestand unterschritten wurde) wird der Zulieferer (intern oder extern) aufgefordert, neues Material zu liefern. Basis dieser Aufforderung ist ein Kanban (jap. Zettel, Karte), der grundsätzlich jedem Los der angeforderten Ware beigelegt wird. Dieser dient dann z.B. bei Anbruch des Loses wieder zur Anforderung neuer Ware. Damit die Vorteile des Verfahrens zum Tragen kommen, sollte darauf geachtet werden, dass eine Fertigung / Bestellung nur ausgelöst wird, wenn ein Kanban für das entsprechende Teil vorliegt. Des Weiteren sollte beachtet werden, dass in der jeweiligen Kanban- Lieferung nur einwandfreie Teile enthalten sind.
In oxaion wird auch die Variante des Kanban unterstützt, in welcher der Transport- und Lagerbehälter selbst als Kanban genutzt wird. Bei dieser Variante wird jedem Kanban- Behälter eine Kanban-Karte zugeordnet, auf der die relevanten Daten wie z.B. Teilenummer, Menge, Losgröße, Verbrauchsort, .... hinterlegt sind.
Damit ein Teil (ggf. auf einer Lagergruppe) "Kanban-gesteuert" disponiert werden kann, muss sein Dispositionsschlüssel entsprechend eingerichtet sein, d.h. im Parameter 03 der Tabelle FRD482, muss ein "K" eingestellt sein. Ferner ist ein Losgrößenschlüssel zu hinterlegen, dessen internes Steuerkennzeichen, FRD485 Parameter 02, auf "Z" steht. In den zugehörigen Dispositionsstammdaten des Teils ist der Behältertyp anzugeben, welcher zuvor einmalig in der Tabelle FRD411 (Lagerhilfsmittel / Behältertyp) anzulegen ist.
Danach sind dann über das Programm Kanban-Behälterdaten verwalten (US16400) für diese Teilenummer die notwendigen Behälterdaten (Stammlagerort, Status, Arbeitsplatz bzw. Lieferant, Beschaffungsschlüssel,... ) zu hinterlegen und die Kanban-Karte für den Behälter zu drucken (US16450). Falls ein neuer Behälter durch Kopieren eines bereits bestehenden Behälters angelegt wird, muss danach unbedingt die Kanban-Karte gedruckt werden, da die Aktualisierung der Behälterstammdaten in diesem Fall erst mit dem Druck der Kanban-Karte vorgenommen wird.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird das Auffüllen der Kanban-Behälter durch die Behälterleermeldung (US21200) ausgelöst. Analog kann auch die Behältervollmeldung über dieses Programm abgesetzt werden, wenn es sich bei dem Teil um ein eigengefertigtes Teil handelt. Bei fremdbezogenen Teilen wird die Behälter-Vollmeldung aus der Wareneingangsmeldung bei Abschluss der Bestellposition generiert.
Bei der Behälterleer- bzw. –vollmeldung sind die Einstellungen der Tabelle VRLU37 zu beachten, in der differenziert nach Teileart und Dispositionsart die Buchungsschlüssel hinterlegt sind.
In dieser Tabelle wird auch festgelegt, ob überhaupt für den Kanban-Steuerungsprozess eine Voll- bzw. Leermeldung erforderlich ist. Eine Leermeldung des Kanban-Behälters ist z.B. dann zwingend erforderlich, wenn aus der Leermeldung ein Beschaffungsvorschlag erzeugt werden soll.
Zusätzlich können in der VRLU37 noch prozentuale Grenzen (sowohl ein Mindestprozentsatz für den Behälterfüllgrad, der bei einer Fertigungsauftrags- bzw. Wareneingangsmeldung mindestens erreicht sein muss, um den Behälterstatus auf "Voll" zu setzen, als auch ein Prozentsatz, um welchen die Füllmenge maximal überschritten werden darf, damit der Behälterstatus noch auf "Voll" gesetzt wird) für die Behältervollmeldung definiert werden.
Des Weiteren kann in der Tabelle noch angegeben werden, ob ein automatischer Auftragsstart bei den relevanten Fertigungsaufträgen durchgeführt werden soll.
Einstellung der Teileart (FRD168, Parameter 6) | Einstellung des Dispositionsschlüssels (FRD482, Parameter 3) | Buchungsschlüssel für Behälterleer- bzw. Behältervollmeldungen hinterlegt in |
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Schüttgut (automatische Verbrauchsbuchung) FRD168, Par. 3 = "Ja" | Kanban-Teil | Leermendung, Par. 12, 13 Vollmeldung, Par. 14, 15 |
nicht Kanban-Teil | Leermeldung, Par. 16, 17 Vollmeldung, Par. 18, 19 | |
kein Schüttgut FRD168, Par. 3 = "N" Par. 6 = "0" oder "1" | Kanban-Teil | Leermeldung, Par. 4, 5 Vollmeldung, Par. 6, 7 |
nicht Kanban-Teil | Leermeldung, Par. 8, 9 Vollmeldung, Par. 10, 11 |
Die in den nachfolgenden Schemata angeführten Lagerorte sind wie folgt definiert:
- Pufferlager = (Haupt-) Lager, in dem die leeren Behälter aufgefüllt werden
- Stammlager = Verbrauchslager (z.B. Lager am Arbeitsplatz)
Bei der Umbuchung (von Lager ... an Lager) wird jeweils der nicht in der Tabelle VRLU37 angegebene Lagerort aus dem Behälterstammsatz als Ziellagerort verwendet.
Diese Restriktion ist für den Dispositionsschlüssel "Kanban-gesteuert" nicht relevant.
Wenn der Dispositionsschlüssel nicht "Kanban-gesteuert" ist, muss die Behälterauffüllung durch das Lager ausgelöst werden (z.B. über Verbrauchssteuerung).
Die Behälter-Vollmeldung hat eine Umlagerung vom Pufferlager an den Stammlagerort (z.B. Prozesslager) zur Folge.
Ist als Dispositionsschlüssel "Kanban-gesteuert" hinterlegt, wird das Auffüllen der Behälter durch die Behälter-Leermeldung ausgelöst.
Um die Verfolgbarkeit der Behälter zu ermöglichen, muss die Anzahl der Transportbehälter pro Kanban-Teil festgelegt werden ("x-Kasten-Prinzip"). Die Anzahl der sich zwischen dem verbrauchenden, dem produzierenden bzw. beschaffenden Bereich und dem Bereitstellungslager im Umlauf befindlichen Kanban-Behälter wird für das Teil in den Dispositionsstammdaten (US11613, Maske "Dispo 1") angezeigt. Der jeweilige Behälterstatus, das Datum der letzten Leer- und der letzten Vollmeldung sind für jeden Behälter im Verwaltungsprogramm der Kanban-Behälterdatei (US16410) ersichtlich.
Bei der Erfassung eines neuen Behälters wird der Behälterstatus auf "neu" gesetzt. Um erstmalig Beschaffungsvorschläge zum Auffüllen eines Behälters auszulösen, muss grundsätzlich zu Beginn des Kanban-Prozesses eine Behälter-Leermeldung abgesetzt werden.